Meister André Nocquet
André Nocquet wurde am 30. Juli 1914 in Prahecq (Deux – Sèvres) geboren. Er besuchte die höheren Schulen von Niort und später St. Maixent. Mit sechzehn Jahren, im Jahr 1930, beginnt er Jiu – Jitsu bei Hauptfeldwebel Raffier in der Militärschule von St. Maixent zu lernen. Ab 1932 bereitet er sich mit Dr. Dolto auf das höhere Lehramt für Physiotherapie, Orthopädie und Krankengymnastik vor. 1936 eröffnet André Nocquet eine Schule für Physiotherapie und Krankengymnastik in Angoulême und arbeitet mit dem Corps Médicale (Amt für Gesundheit) zusammen. Im Jahr 1937 wird er Schüler von Professor Feldenkrais, Gründer des Jiu – Jitsu Clubs in Frankreich.
André Nocquet |
Dann begegnet er dem japanischen Meister Kawaishi, Begründer des Judo in Frankreich und wird sein siebzehnter Schüler. Nach einer Prüfung erhält er das Diplom Nr. 27 zum Schwarzgurt im Judo und in Selbstverteidigung. Im Jahr 1939 wird André Nocquet nach Tours zum 404. Regiment der Luftabwehr einberufen. In der Schlacht von Dünkirchen nahe Malo–les–Bains in deutsche Gefangenschaft geraten, entflieht er am 01. Oktober 1943 aus dem Stalag VI-G in Köln und kehrt nach Frankreich zurück. Dort erhält er unter dem Namen Jean Hervé über die französische Widerstandsbewegung in der Präfektur Mont-de-Marsan von der Flüchtlingsbehörde Ausweispapiere.
Vom Militär erhält er zwei Verdienst – Orden: Croix du Combattant und Medaille des Evadés (Kampfspange und Flüchtlingsmedaille).
1945, nach der Befreiung, wird er auf Wunsch der Polizei von Bordeaux Trainer für Judo und Jiu – Jitsu. Er gründet in demselben Jahr den Judo – Club Bordeaux und den internationalen Judo – Lehrgang in Biarritz unter der technischen Leitung des japanischen Meisters Kawaishi.
Im Jahr 1949 beginnt er das Aikido – Studium bei Meister Minoru Mochizuki und im folgenden Jahr bei Meister Tadashi Abé. Bis 1955 verbreitet er Judo und Jiu – Jitsu im Westen und Südwesten Frankreichs und bildet den Großteil der Judo – Meister in dieser Region aus. Er führt mehr als zweihundert Jugendliche und Lehrer zum Schwarzgurt.
Im Jahr 1955 wird André Nocquet durch Vermittlung von Meister Tadashi Abé vom Begründer des Aikido, Meister Morihei Uyeshiba, nach Japan eingeladen.
O Sensei mit André Nocquet als Uke |
Er lernt Herrn George Duhamel von der Académie Française kennen, der seine schriftliche Zustimmung zu diesem franko – japanischen Austausch gibt. Herr Duhamel betraut ihn mit der Aufgabe, einerseits in Japan das Aikido zu studieren, andererseits die in Frankreich bekannten Methoden von Physiotherapie, Massage und Krankengymnastik mit unbekannten Methoden wie Shiatsu, Sei – Tai – Jutsu und die Lehre des berühmten japanischen Lehrers Katsuzo Nishi ergänzend zu lernen.
Bei seiner Ankunft in Japan wird André Nocquet im japanischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten durch Frau Tatsuko – Tatsuke, Leiterin eines Amtes für internationale kulturelle Beziehungen empfangen. Sie macht ihn mit dem Chefredakteur, Herrn Kuni – Matsuo vom Journal Yomiuri bekannt.
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Während seines Aufenthaltes in Japan begleitet und berät ihn seine Exzellenz Herr Naotake Sato, Präsident der United Nations Society und ehemaliger japanischer Botschafter in Russland. Ende 1955 verpflichtet der Begründer des Aikido, Meister Morihei Uyeshiba, offiziell André Nocquet, Aikido bei den ausländischen Botschaften von Tokio bekannt zu machen und in der Welt zu verbreiten.
André Nocquet versammelt alle Kulturattachés im japanischen Weltzentrum des Aikikai zu einer Konferenz, wo er einen Vortrag vor allen Botschaftern und Diplomaten in Tokio über die geistigen und technischen Aspekte des Aikido hält. Der französische Botschaftsberater für kulturelle Angelegenheiten in Japan, Herr C. D’Aumale, bittet ihn um Auszüge dieser Rede für den kulturellen Informationsbericht, den die französische Botschaft jeden Monat veröffentlicht.
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Ende 1957 erhält André Nocquet den Titel Maître d’Aikido (Aikido – Meister, - Lehrer, - außerordentlicher Professor) des japanischen Weltzentrums, das Diplom für Selbstverteidigung von Meister Tomiki, oberster Lehrer im Kodokan (höchste Judo – Schule in Japan), sowie das Diplom für Shiatsu von Dr. Namikoshi, Präsident und Gründer der internationalen Shiatsu – Schule, Tokio. Dr. Katsuzo Nishi fordert ihn auf, seine Methoden der japanischen Gesundheitslehre bei den offiziellen französischen Instituten für Massage und Krankengymnastik einzuführen.
Anfang 1958 begibt sich André Nocquet in die Vereinigten Staaten, um den Lehrern der Polizei von Fresno (Kalifornien), die auf Selbstverteidigung spezialisiert waren, Aikido durch Kurse und Demonstrationen nahe zu bringen. Für seine freiwilligen Vorführungen und Kurse erhält André Nocquet am 11. Februar 1958 das Ehrendiplom des Clubs für Nationalen Austausch der Vereinigten Staaten.
Im Sommer 1958 kehrt André Nocquet nach Frankreich zurück und erstattet Herrn Georges Duhamel von der Académie Française Bericht über den spirituellen Aspekt des Aikido und detaillierte Studien über die japanischen Methoden der Massage und Reanimation. Herr Duhamel ersucht ihn, in der Nationalbibliothek nach Kampfkünsten in allen Ländern des europäischen Abendlandes vom 15. Jahrhundert an zu forschen und so einen Vergleich mit den japanischen Techniken anzustellen. Daraufhin kann durch Vermittlung des japanischen Botschafters in Frankreich mit dem japanischen Ministerium für Erziehung kommuniziert werden.
1971 gründet André Nocquet die Europäische Aikido – Union.
André Nocquet gibt mehrere Jahre lang bei verschiedenen Institutionen Lehrgänge: bei den französischen Fallschirmjägern, der Nationalpolizei und um die Prinzipien des Nahkampfes zu vermitteln: bei der Militärschule von St. Maixent.
Das Ministerium für Jugend und Sport hat ihn um Beratung bei den Arbeiten zur Erstellung eines Staatsdiploms für Aikido – Lehrer gebeten.
Seit mehreren Jahren hält André Nocquet Konferenzen in Frankreich und Europa im Sinne der Gewaltlosigkeit, zur Entwicklung des Geistes zur gegenseitigen Hilfe und der internationalen Freundschaft ab.
Im Namen der Communauté Scientifique (Wissenschaftliche Gemeinschaft) haben ihm der Präsident der Gesellschaft für die Entwicklung der Krebsforschung, Herr Jacques Crozemarie, die Professoren Lucien Israel, Georges Mathé, Leon Schwarzenberg und Maurice Tubiana ihre Anerkennung ausgesprochen und ein Diplom der Gesellschaft für die Unterstützung ihrer Aktion überreicht.
Am 10. Juli 1982 erhält Meister André Nocquet, Präsident der Europäischen Aikido – Union, auf Grund seiner außerordentlichen Verdienste für das Ministerium für Jugend und Sport die Nominierung zum Ritter des Nationalen Verdienstordens.
Am 30. Juli 1985 treffen sich die Meister Tamura und Nocquet in der Absicht, die Grundlagen zur Vereinigung der französischen Aikidoka zu erarbeiten. Beide betrachten sich als Partner in Frankreich und Verwahrer der technischen und geistigen Inhalte des Aikido – als direkte Schüler des Begründers von Aikido: O Sensei Morihei Uyeshiba.
Am 12. März 1999 verstirbt Meister André Nocquet nach schwerer Krankheit im Alter von 84 Jahren. Mit dem Tode von Meister André Nocquet verlieren seine Schüler ihren beliebten und geachteten Lehrer. Sie werden ihm ein ehrenvolles Andenken bewahren und sich in seinem Sinne um die Verbreitung des Aikido bemühen.